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Geschrieben von Jeronimo66 am 17.01.2022 um 20:37:
Neuaufbau einer alten Glasrute
Moin,
es gibt Tage, da kommt man so gestresst nach Hause, dass an sorgfältige und ästhetisch hochwertige Arbeit an einer schönen Rute nicht zu denken ist.

Eigentlich wollte ich ja, zum abreagieren, noch ein Stündchen mit meiner Smuggler Switch und dem frisch gebasteltem Schusskopf ans Wasser, aber es war einfach zu viel Wind.
Ich habe, vom Birkenrinden Griff über einen Glasblank (Seidenwicklungen sind angesagt) bis hin zu meiner Mefo Fliegenrute (Fluss), noch einiges an angefangenen Projekten rumliegen. Da ist aber Herzblut gefragt und ich brauche viel Ruhe und Energie, damit es hoffentlich so wird, wie mir meine Vorstellung vorgaukelt. Was liegt also näher, als eine alte Rute zu strippen. Herrlich destruktiv und voll befriedigend.
Das Opfer war eine alte DAM California Glasrute, deren Ringe schon etwas rauh waren und deren Bindungen sich alterungsbeding schon etwas auflösten.
DAM hat damals reichlich mit Klebefolien gearbeitet. Das Weiß auf der Rute wurde diesmal aber auch gewickelt. Vielleicht werde ich es ja auch mal mit Klebefolie versuchen. Im Moment schwebt mir aber ein anderes Design vor.
Also alle Ringe runter, was bei den morschen Wicklungen und der alten Folie recht flott von der Hand ging. Leider zeigen sich deutliche Verfärbungen und auch Eindrücke von den Ringfüßen. Die Rute hat wohl ordentlich was mitgemacht und große Fische gedrillt. Ich denke aber, dass das zähe Glas nicht unterzukriegen ist.
Der alte Rollenhalter ist zwar bestimmt ein Design-Meilenstein in der Rutenbaugeschichte. Da ich ihn potthässlich finde musste er aber runter. Mit Wärme ließ er sich nicht überreden, mit noch mehr Wärme auch nicht und mit noch mehr auch nicht. Da er ziemlich saugend auf dem Blank saß, habe ich die einfache und sicherste Lösung genommen.
Und der Carsten gar nicht träge,
Sägt ganz offen mit der Säge,
Ritzeratze voller Tücke,
In die Rute eine Lücke.
Und als diese Tat vorbei,
Ist die Rute Halter frei!
Im gleichen Rutsch noch ein altes Blankteil gemetzelt und schon war die Länge wieder hergestellt. Die Suche nach einem neuen und leichten Rollenhalter war auch bei dem AD des Ensteckteils nicht leicht, aber es fand sich noch ein schwarzer Alurutenhalter (und ein farblich passender Endstopfen) der perfekt an den alten Griff passt. Den Griff werde ich erhalten, da ich seine Form sehr schön finde. Der Kork ist auch ok und die Patina unbezahlbar.
Eine Stunde bearbeiten der Lackreste und schleifen des Blanks mit 600er und 1000er Abranet sowie einer Schicht PU Leim lassen das spätere Ergebnis erahnen. Da muss ich aber noch mal ran.
Das Design, welches mir vorschwebt, wird mit schwarzen Einstegringen und schwarzen Wicklungen sein. Vielleicht noch ein paar schwarze nostalgische Spiralwicklungen als Zierelemente. Mal sehen wie weit ich den Blank farblich auf Vordermann bringen kann und wie sich die Druckstellen verbergen lassen bei einer neuen Ringaufteilung. Ich glaube es wird dann ganz schick.
Alles in allem habe ich mich zwei Stunden herrlich abreagiert und habe dann mit bester Laune noch mein Home-Office erledigt!
Zum Glück hatte ich schon beim Erhalt Bilder der ungestrippten Rute gemacht. Wenn ich destruktiv drauf bin, dann will ich sofort destruktiv sein! Bilder vom Zwischenergebnis folgen. Bei Innenbeleuchtung kann man nichts genaues erkennen.
Gruß
Carsten
Geschrieben von KilianK am 18.01.2022 um 08:23:
Hallo,
sehr schön, bei dir ist aber ganz schön was los. Ich bin gespannt wie es weitergeht und natürlich auf das neue alte Schätzchen im Endzustand!
Geschrieben von Reinhard 02 am 18.01.2022 um 09:04:
Viel Spaß mit diesem geilen blank.
.. und den häßlichen Rollenhalter bitte nicht entsorgen...
Ich habe zwar die originalen Ringabstände nicht im Kopf, fand aber die Ringanzahl und -verteilung bei der ganz gut. Da meine auch sehr gut dasteht, habe ich an der nichts verändert. Allenfalls einen kleinen FB werde ich ihr mal gönnen.
Reinhard
Geschrieben von Jeronimo66 am 18.01.2022 um 17:35:
Moin,
anbei Fotos mit den Druckstellen. Der Führungsring hat den deutlichsten Abdruck hinterlassen und der Ring auf dem Überschub. Hier ist der Blank auch leicht eingerissen und muss eine stabile Manschette bekommen. Ich werde wohl eine kurze Wicklung mit Roving machen. Und dann hat der Blank noch eine weitere deutliche Druckstelle.
Ich bin ja kein Experte mit Glasblanks. Einen Carbonblank würde ich wohl aussortieren, weil ich ihm nicht mehr trauen würde. Den Glasblank habe ich an den betreffenden Stellen (außer am Überschub) mit reichlich Krafteinsatz gebogen, das konnte er ab. Gute Frage ob sich der Aufbau wirklich noch lohnt. Wenn dann würde ich es mit schwarzen Ringen realisieren, die ich allerdings noch besorgen muss.
Eigentlich wollte ich Ihn auch vierteilen, aber bevor ich mir den Aufwand mache, probiere ich mal lieber aus, ob er auch eine kräftige Strauchforelle drillen kann und auch viel zu schwere Schnüre wirft ohne sich zu zerlegen.
Die 8+1 Ringaufteilung werde ich vielleicht wirklich wieder nehmen. Die ersten zwei Ringe vom Griff aus sind durch die Druckstellen ja eh gesetzt. Die Stellen bekomme ich sonst nicht verdeckt. Da ich gerne Einstegringe verwenden würde bekommt die Rute also zwei Zweistegringe. Ab dem Überschub bin ich dann aber frei mit der Aufteilung. Hier wäre statt Ring ja auch eine Zierwicklung möglich. Ich will ja auch eine Vierteilung als Option haben haben.
Konkrete Frage: "Habt ihr Erfahrungen mit solchen Druckstellen bei Glasblanks und seht ihr darin ein ernstes Problem?"
Gruß
Carsten
@ Reinhard: Ich schmeiße nie Rutenbauteile weg, die noch zu gebrauchen sind. Wer weiß, wofür man den noch brauchen kann, ist ja noch in einem recht guten Zustand. Du kannst ihn aber gerne haben, wenn du ihn gebrauchen kannst.
Geschrieben von Reinhard 02 am 18.01.2022 um 18:58:
Ich hatte schon schlimmere "Fußabdrücke" auf einer Glasmatchrute am Führungsring.
Der große Hebel des hohen Rings und der schmale Fuß sind bei seitlicher Belastung halt Gefährdungspotential.
Da ich aber den neuen ring an die gleiche Stelle gebaut habe, habe ich nichts weiter gemacht.
Ähnliche "Eindrücke" irgendwo am blank, also unabhängig von Ringen habe ich ab und zu an Glasfliegenruten. Da habe ich eine kurze - 1 cm - Wickling drübergemacht.
An einer Glasspinrute - alte Airway Teleskop - habe ich ein kurzes Stück Blank drüber geklebt.
Einen deutlichen Quetschbruch mit sichtbaren Rißen unter / um den Fürhrungsring einer alten Kohlefliegenrute habe ich mit einer eingeklebten inneren Hülse verstärkt.
War aber nicht so einfach, die recht stramm sitztende Hülse den langen Weg in das lange Handteil des 2-teiligen blanks zu bekommen.
Reinhard
Geschrieben von miso am 19.01.2022 um 08:51:
Lieber Carsten,
mein Herz strahlt, wenn ich dieses Stöckchen sehe
Diese Rute war damals daran Schuld, dass mich der Virus gepackt hat. Ich hatte sie quasi als Erbstück eines Großonkels erhalten. Es waren jede Menge Nassfliegen mit dabei.
Hab das dann einfach mal als Jugendfischer im zarten Alter von 14 Jahren unter Aufsicht eines Vereinskollegen an unserem Flüsschen getestet. Werfen konnte ich noch nicht wirklich:-)
Nachdem ich innerhalb 10 Minuten 3 Forellen landen konnte, hat der Vereinskollege, der mit dem Blinker nicht erfolgreich war, mir die Rute abgenommen und selbst getestet. Du kannst Dir vorstellen, was von nun an los war:-)
Leider hab ich die alte Rute mal gegen modernere Kohle getauscht. Heute würde ich sie gerne auch restaurieren:-) Mal sehen, vielleicht gibt es noch welche in der großen Bucht und mich packt dann die Erinnerung an all die schönen Zeiten.
Mach sie schön!
TL Michael
Geschrieben von habitealemagne am 19.01.2022 um 10:50:
Hallo,
sehr schöne Geschichte Micheal, lässt mich an früher denken, wobei es bei mir damals keine Fliegerute war. Ich bin mir sicher, dass Carsten sie ganz würdevoll, neu auferstehen lassen wird und ihr ihren Charakter dabei lassen wird. Ich freue mich darauf, mitzulesen und teilhaben zu dürfen.
Geschrieben von Jeronimo66 am 19.01.2022 um 15:36:
Moin Michael,
eine wirklich sehr schöne Geschichte! Ich habe auch noch eine Erinnerung an mein erstes mal Fliegenfischen. Da habe ich eine Äsche auf Trockenfliege gefangen und war darauf dem Fliegenfischen verfallen.
Ich bekomme da schon fast ein schlechtes Gewissen, dass ich die Rute nicht restaurieren, sondern völlig neu aufbauen will. So ist bis auf den Blank und den Korkgriff alles weg. Auch die Aufkleber.
Die Farbe des Blanks macht allerdings einen Aufbau mit Retro-Elementen schon fast zwingend. Denke es wird eine gesunde Mischung.
Gruß
Carsten
Geschrieben von fly fish one am 20.01.2022 um 14:40:
Lieber Carsten,
da das wird ja interessant! Viel Spaß dabei!
LG,
Frank
Geschrieben von Jeronimo66 am 11.02.2022 um 14:05:
Moin,
es ist vollbracht. Die Rute strahlt in neuem Glanz.
Die Wicklungen sind mit D Garn in schwarz gehalten. Um keine Buckel zu erhalten habe ich die Enden mit Sekundenkleber fixiert und nicht untergezogen. Wollte ich schon immer mal machen und es hat bei den meisten Wicklungen sehr gut funktioniert. Zum Teil ist mir der Abschluss aber nicht ganz sauber gelungen und es stehen kleine Fadenreste vor oder Absatz ist etwas zu deutlich. Mit A-Garn geht das tatsächlich leichter.
Lackiert habe ich in einer Schicht und alles Überschüssige wieder weggenommen. Die eine Seite habe ich über den Rand lackiert. Was ich mir dabei wirklich gedacht habe?
Die wenigen Pickel an den Enden habe ich vorsichtig weggeschnitten. Da eine zweite Lackschicht die Garnstruktur überdeckt hätte, habe ich mit dem Lappen zwei dünne Lackschichten (Humbrol Clear) auf den Blank aufgetragen.
(Eigentlich wollte ich den Blank nur polieren, das dieses Ergebnis schon ziemlich gut aussah. Nach dem strippen hatte ich den Blank gestrippt hatte ich ihn schon einmal aufpoliert. Vor dem Wickeln habe ich ihn dann aber wieder mit Isopropanol gereinigt.) Nun musste ich aber die Stellen, wo ich den Lack weggeschnitten habe, wieder zum Glänzen bringen. Am Ende habe ich dann noch einmal poliert (Autopolitur). Ich glaube, dass ich dabei den größten Teil von den Lackschichten wieder abgetragen habe, allerdings ist das Ergebnis noch etwas besser geworden als bei ersten Mal. An der einen oder anderen raueren Stelle ist der Lack wohl in die „Poren“ eingedrungen.
Ich bin mit dem Gesamtergebnis zufrieden. Mehr aber auch nicht. Dass liegt allerdings nur an den Lackierungen. Wenn man genau hinschaut, dann muss alles perfekt sein, damit so eine Lackierung wirklich gut aussieht. Und ich bin mir auch gar nicht mehr sicher, ob mir eine deckende Lackierung nicht doch besser gefällt. Dass der Blank wieder in einem solchen Glanz erstrahlt, bis auf die alten größeren Macken, hätte ich nicht gedacht.
Gruß
Carsten
PS. Das auf der einen Wicklung sind Fussel. Sowas habe ich ständig, wenn ich eine Rute abwische.
Geschrieben von Knobi am 11.02.2022 um 14:42:
Hallo Carsten,
keine Bescheidenheit……..das ist richtig klasse geworden.
Man könnte denken das der Rutenfachverkäufer auf den Tag gewartet hat das einer kommt und die Letzte Neue Rute dieser Serie im abkauft.
Das Ergebnis ist super.
Das D-Garn trägt schon ziemlich auf.
Und ja - Jeder Dussel hat ne Fussel.
Gruss, Frank
Geschrieben von miso am 11.02.2022 um 15:07:
Hallo Carsten,
ich finde sie gut gelungen. Das passt schon alles zu dem alten Blank und sicher macht das Fische damit Spaß und darauf kommt es doch an
TL Michael
Geschrieben von habitealemagne am 11.02.2022 um 15:27:
Hi,
ich finde das auch ziemlich gut. Ich glaube auch, dass das Fischen damit Freude bereitet.
Geschrieben von KilianK am 11.02.2022 um 15:34:
Hallo Carsten,
die Rute hast du ja wirklich zu neuem Leben erweckt. Ich finde es klasse, dass du hier mit der Lackierung mal was Neues ausprobiert hast, obwohl ich für mich auch sagen kann, dass es doch nichts schöneres als eine glasähnliche Lackierung gibt. Davon bin ich persönlich weit entfernt…
Als Gesamtwerk finde ich die Rute wirklich überzeugend.
Geschrieben von Jeronimo66 am 11.02.2022 um 15:52:
Moin,
danke für den Zuspruch! ich glaube auch, dass sie Spaß machen wird!
Die Werte habe ich noch.
Die Rute wiegt 108g.
3,75° sind 17,3g und bei 15° hat sie 81,3g und ist damit eine #6
Dier AA ist 67° und die ERN 7,1.
Ich habe sie auch schon kurz Probegeworfen. Wirft sich wirklich sehr gut und weit. Hätte ich so einem alten Glasprügel gar nicht zugetraut. Der Vergleich zu einer ähnlich ausfallenden modernen Glasrute würde mich echt interessieren. Ich kann mir vorstellen, dass das Altglas im Vergleich gar kein Altglas ist!
Die ERN von 7,1 (also gerade eine #7) halte ich für die obere Grenze meiner Rute. Habe sie mit einer Cortland LazerLine WF7 (14,5m Keule mit 19,1g) geworfen. Das geht, aber bei voller Keulenlänge ist sie absolut an der Grenze. Zwei drei Meter weniger vor der Spitze und es fühlt sich deutlich besser an. Auch der 3,75° Wert setzt nach meinem Gefühl eher hoch an. Ich habe sie auch mit eine 10,4m Keule mit 12,5g geworfen. Das gefiel mir schon sehr gut. 2g mehr und man ist vermutlich dicht beim Optimum.
Geschrieben von Moritz am 11.02.2022 um 20:17:
Hey Carsten,
Steht der alten DAM gut das Aufmöbeln
Geschrieben von fly fish one am 12.02.2022 um 20:05:
Lieber Carsten,
die ist aber schön geworden!! Und sei nicht so streng mit Dir selber! Viel besser kann man das nicht machen!
LG,
Frank
Geschrieben von Rene am 14.02.2022 um 12:29:
Hallo,
gute Vorlage und Motivation. Habe hier noch 2 uralte Glasruten von DAM, die ich reaktivieren will. Erst Mal vielen Dank für den Ansporn, das mal anzugehen. Wenn es nur so gut wird, wie Deins..
Gr
Rene
Geschrieben von Jeronimo66 am 14.02.2022 um 14:51:
Moin Rene,
freut mich, wenn ich jemanden motivieren kann! Und die Qualität wird schon passen. Denke dass das jeder hinbekommen wird, der sich ein wenig Mühe gibt und schon ein paar Ruten aufgebaut hat.
Gruß
Carsten
Geschrieben von Reinhard 02 am 14.02.2022 um 16:15:
Rene, welche Ruten von DAM sind das?
Reinhard
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